Es fängt gerade erst an
Seit einem Monat ist Krieg in der Ukraine. Menschen müssen fliehen. Sie kommen nach Deutschland und brauchen Hilfe. Wir im Südwesten merken davon vergleichsweise wenig – bislang.
Wie viele Menschen zu uns kommen, wie viele weiterreisen, wie viele bleiben? Wir wissen es nicht. Aktuell arbeiten alle, auch wir in der Landespolitik, mit Schätzungen und Hochrechnungen. Die EU geht davon aus, dass etwa acht Millionen Menschen aus der Ukraine fliehen. Ein Viertel könnte nach Deutschland kommen, somit etwa 200.000 Menschen nach Baden-Württemberg.
Es können auch viel mehr werden. Weniger – eher nicht. Die vage Schätzung zeigt: Die ukrainische Flüchtlingswelle wird viel größer als alles, was wir aus den Jahren 2015 und 2016 kennen. Mindestens das Doppelte. Noch spüren wir es nicht so. Das wird sich binnen Wochen ändern.
Organisatorisch ist einiges anders als 2015 und 2016. Menschen aus der Ukraine müssen kein Asyl beantragen. Nach EU-Recht steht ihnen der Aufenthalt zu, sie brauchen sich nur registrieren. Anders als bei Asylbewerbern ist nicht das Land zuständig für Unterbringung, sondern die Kommunen. Bewältigen können wir das nur gemeinsam, wir arbeiten daher eng zusammen.
Nach ihrer Registrierung haben die Menschen aus der Ukraine viele Möglichkeiten: Sie können sich Arbeit suchen und eine Wohnung, sie können ihre Kinder zur Schule schicken, Kinderbetreuung in Anspruch nehmen und Sozialleistungen. Allerdings: In der Praxis sind Wohnungen, Betreuungsplätze und Personal knapp. Die nötigen Kapazitäten versucht das Land gerade aufzubauen. Aber ganz ehrlich: Wir können weder Immobilien backen noch Erzieherinnen und Erzieher.
Was uns wieder helfen wird: Baden-Württemberg hat während der letzten Flüchtlingswellen ein Integrationsmanagement entwickelt. Als einziges Bundesland, initiiert von den Grünen. Das ist Alltags-Unterstützung für alle, die bei uns bleiben – Hilfe beim Wohnen, Arbeiten, Kontakte finden, heimisch werden. Dieses Programm fahren wir jetzt wieder hoch.
Ich bin dankbar, dass die Stimmung gerade so gut ist. Dass wir in Europa uns diesmal politisch einig sind in der Bewertung der Lage. Und dass hier im Land die Hilfsbereitschaft überall hoch ist. Das werden wir brauchen. Wer Wohnraum anbieten kann, wer bei der Betreuung helfen mag, Sprachkenntnisse hat, spenden will: wunderbar! Danke! Wir werden das brauchen – das und einen langen Atem.