Schritt für Schritt
Im März habe ich in Stuttgart ein neues Amt übernommen: Meine Fraktion hat mich zum Parlamentarischen Geschäftsführer gewählt. Das bringt eine Menge Aufgaben mit sich – und weil der Tag nur 24 Stunden hat, musste ich andere Verantwortung abgeben. Nicht gern. Zeit für einen Rückblick.
Ich bin nicht mehr zuständig fürs Thema Integration. Mehr als zehn Jahre lang habe ich mich in der Landtagsfraktion der Grünen darum gekümmert, viel gesehen und viel gelernt. Und wir konnten vieles verändern. Nur ein Beispiel: Als wir Grünen 2011 in die Landesregierung gekommen sind, gab es keinerlei Gelder vom Land, um traumatisierten Geflüchteten zu helfen. Diese Menschen leben oft unter einem enormen inneren Druck, haben das Erlebte nicht gut verarbeitet. Ihr Trauma verhindert, dass sie hier überhaupt richtig ankommen. Viele haben Schwierigkeiten mit der Sprache und dem Arbeitsmarkt.
Hilfe für Traumatisierte war 2011 nur dank Spenden möglich. Inzwischen haben wir als Land viele Angebote geschaffen und finanziert. Viele – aber noch nicht genug, nicht flächendeckend. Der Ausbau läuft weiter. Ich habe mich persönlich um die Finanzierung gekümmert. Mir ist wichtig, dass wir bei Integration die Gesellschaft mit denken. Integration hört nie auf, man kann nicht irgendwann einen Haken dran machen. Sie ist ein Prozess unserer Gesellschaft, eine gemeinsame Entwicklung, die immer und immer wieder neu starten muss.
Ich bleibe zuständig fürs Thema Flüchtlinge. Da haben wir seit 2011 unterschiedliche Phasen erlebt. Anfangs waren die Zahlen historisch niedrig, das Thema Nebensache. Später stiegen sie, der Krieg in Syrien veränderte alles. Auch die Stimmung bei uns im Land hat sich mehrfach gewandelt, es war ein Auf und Ab. Dass sich unsere Gesellschaft jetzt dennoch so mobilisiert, um Menschen aus der Ukraine zu helfen, hätte ich nicht unbedingt erwartet – freue mich aber umso mehr.
Schon jetzt sind mehr Menschen aus der Ukraine hier im Land, als 2015 / 2016 aus Syrien kamen. Für mich ist absehbar, dass noch viele kommen. Denn der Krieg, den die russische Armee führt, ist auf Vertreibung und Zerstörung ausgerichtet. Wir als Land haben Notunterkünfte eingerichtet. Parallel bauen wir das professionelle Integrationsmanagement aus, mit mehr Geld – und stützen so auch das ehrenamtliche Engagement. Unsere Gesellschaft wird sich wieder verändern und weiterentwickeln.
Photo by Maria Teneva on Unsplash