Integrationspolitik ist ein Thema, bei dem viele gerne mitdiskutieren und eigene Erfahrungen einbringen. Tatsächlich wissen aber viele Menschen nur wenig darüber, wie der Alltag und das Leben von Migrant*innen oder Flüchtlingen tatsächlich sind. Welche Bedeutung es für die Menschen hat, zu warten, bis ihr Aufenthalt gesichert ist und Familien eine halbwegs gesicherte Perspektive haben.
Ich bin seit rund zehn Jahren der Sprecher für Migration der grünen Landtagsfraktion. In dieser Zeit habe ich viele sehr persönliche Lebensgeschichten von Menschen kennengelernt. Viele konnte ich unterstützen – beim Ringen um einen Aufenthaltstitel beispielsweise oder bei einer Arbeitsstelle oder auch nur einem Platz in einem Sprachkurs. Einige andere leider nicht. Das lag oft auch daran, dass die gesetzlichen Regelungen seit vielen Jahren abschrecken sollen. Sie sind also weder human noch pragmatisch. Da sollten wir uns auch von kleinen Verbesserungen nicht täuschen lassen, die es in den letzten Jahren gab, beispielsweise Ausbildungs- oder Beschäftigungs-Duldung.
Verbessertes Bleiberecht
Deshalb habe ich, gemeinsam mit einigen anderen, für die Grünen in den baden-württembergischen Koalitionsverhandlungen 2021 weitere Verbesserungen erreicht. Uns ist es gelungen, dass im Koalitionsvertrag nun ein weitreichender Bleiberechts-Erlass für Baden-Württemberg steht. Damit können wir viele Menschen wirksam vor Abschiebung schützen: gut integrierte Erwachsene, die über Jahrzehnte unauffällig hier gelebt und sich eingebracht haben. Und speziell auch Jugendliche, die ihr vermeintliches Herkunftsland noch gar nie betreten haben und hier bei uns gerade dabei sind, eine Ausbildung abzuschließen.
Wir bauchen ein neues Aufenthaltsgesetz
Was mich ebenfalls sehr beschäftigt: Nach wie vor wohnen viele Menschen bei uns, die keinen Schutzstatus erhalten. Sie leben als „Geduldete“ und arrangieren sich teilweise seit Jahrzehnten damit, dass sie innerhalb weniger Wochen abgeschoben werden könnten. Ich hoffe sehr, dass die Ampel im Bund das Aufenthaltsgesetz von Grund auf reformiert - so, wie es angekündigt war. Und dass Berlin die pragmatischen Regelungen einführt, die wir so dringend brauchen.
Wo immer Menschen leben, die zu uns geflüchtet sind, brauchen sie Unterstützung. Es genügt nicht, sie nur unterzubringen und zu versorgen.
Ebenso wichtig finde ich es, dass wir ihre Neugier auf das Leben hier wecken und auch ihren Lebensmut: damit sie sich aktiv einbringen und ihren Weg in die Gesellschaft suchen. Kein einfacher Weg, für niemanden. Umso dankbarer bin ich, dass es ungezählte Ehrenamtliche im Land gibt, die dabei mithelfen.