Sind Wahlkreis Tübingen und Landkreis Tübingen dasselbe? Könnte man glauben – ist aber nicht so.
Zum Wahlkreis Tübingen gehören etwa drei Viertel des Landkreises Tübingen, fast 80 Prozent. Der kleinere Teil des Landkreises, der nicht zu meinem Wahlkreis gehört, verteilt sich neuerdings sogar auf verschiedene andere Wahlkreise. Klingt kompliziert und ist es auch: Das macht es manchmal schwer, wenn es darum geht, die Interessen des Landkreises zu vertreten.
Aber ganz klar: Der Wahlkreis Tübingen mit der Nummer 62 ist ein wunderbares Zuhause. Hier fühle ich mich sehr wohl. Geprägt wird unsere Region vom Neckartal. Im Südosten reicht der Wahlkreis bis an den Albtrauf, im Norden gehören Teile des Schönbuchs dazu.
Tübingen
Die größte Stadt in meinem Wahlkreis ist Tübingen: Universitätsstadt, Wissenschaftsstandort und ein gefragter Wohn- und Lebensort mit viel Geschichte. Seit über 20 Jahren ist Tübingen meine Heimat. 1947 bis 1952 war Tübingen sogar Landeshauptstadt von Württemberg-Hohenzollern, einem Vorläufer des Landes Baden-Württemberg.
Dettenhausen
Auch im Tübinger Umland lässt es sich sehr schön wohnen und leben. Beispielsweise in Dettenhausen: Das ist die nördlichste Gemeinde des Wahlkreises und liegt mitten im Schönbuch. Ein echtes Kleinod ist das Freibad. Es wird auf private Initiative und mit viel Liebe betrieben. In Dettenhausen wohnen auch viele, die von dort aus nach Böblingen, Sindelfingen oder Stuttgart pendeln.
Ammerbuch
Die Gemeinde Ammerbuch gibt es seit der Gemeindereform 1971. Seit damals wachsen die Teilorte zusammen: Altingen, Breitenholz, Entringen, Pfäffingen, Poltringen und Reusten. In den vergangenen Jahren hat Ammerbuch Schulgeschichte geschrieben. Drei Bürgerentscheide waren notwendig (in den Jahren 1997, 2003 und 2013), bis endlich klar war, wo die neue weiterführende Schule gebaut wird. Nach dieser Weichenstellung hat es Ammerbuch dann richtig gut gemacht: Die Gemeinde hat eine neue Gemeinschaftsschule gegründet und die erste neue Gemeinschaftsschule gebaut.
Neustetten
Neustetten liegt ganz im Westen des Kreises. Es wird vollständig umschlossen von der Gemarkung der Stadt Rottenburg und ist nach wie vor eine unserer ländlichsten Gemeinden. Obwohl auch dort immer mehr Pendler ein schönes Zuhause finden: Dort leben viele gern, die in Tübingen oder im Raum um Sindelfingen und Böblingen arbeiten.
Rottenburg am Neckar
Rottenburg am Neckar kennt man weithin als katholische Bischofsstadt. Imposant ist die Zahl der Teilorte: Es sind 17, und sie alle haben ein lebendiges, eigenständiges dörfliches Leben. Das ist spannend und für die Politik auch manchmal eine Herausforderung. Ich persönlich denke beim Stichwort Rottenburg natürlich auch an die traditionsreiche Fasnet. Die habe ich schon in meiner Kindheit beim Großen Fasnetsumzug immer wieder erlebt.
Mössingen
Mössingen im Süden war lange Zeit als Blumenstadt bekannt. In den vergangenen Jahren hat sich Mössingen neu erfunden als Zentrum des Schwäbischen Streuobstparadieses. Parallel ist die Stadtentwicklung mit kurzen Wegen und sozialen Einrichtungen gut vorangekommen. Für mich ist Mössingen auch immer verbunden mit dem Generalstreik 1933: Das war der landesweit einzige öffentliche Protest gegen die Machtübernahme der Nazis. Er hat zurecht in den letzten Jahren eine verdiente Würdigung erhalten.
Ofterdingen
Ofterdingen ist eine der Gemeinden, die große Anstrengungen unternommen haben, um ein eigenständiger Schul-Standort zu bleiben. Auch dort hat man eine Gemeinschaftsschule neu gegründet. Große Debatten gibt es im Ort um den Ausbau der B27. Es geht um den Planungsvorschlag für den Abschnitt zwischen Ofterdingen und Bodelshausen – offenbar wird derzeit die Variante favorisiert, die in jeder Hinsicht ökologisch am unvorteilhaftesten ist. Dagegen regt sich im Ort viel Widerstand, den wir Grünen auch unterstützen.
Bodelshausen
Bodelshausen dürften Generationen junger Menschen kennen – zumindest wenn sie Zivildienst, Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) oder Bundesfreiwilligendienst (Bufdi) gemacht haben. Denn dort gibt es ein Bildungszentrum, in dem staatsbürgerliche Seminare veranstaltet wurden. Viele andere kennen Bodelshausen für seine erfolgreiche mittelständische schwäbische Industrie oder auch für regionale, ökologische und sozial inklusive Landwirtschaft.
Und welche Gemeinden gehören zum Landkreis, aber nicht zum Wahlkreis?
Starzach und Hirrlingen gehören neuerdings leider nicht mehr zum Wahlkreis Tübingen: Sie wurden zur Landtagswahl 2021 dem Wahlkreis Balingen (63) zugeordnet.
Zur Landtagswahl 2011 wechselten die Gemeinden Dusslingen, Gomaringen und Nehren zum Wahlkreis Reutlingen (60).
Dort waren sie nicht die ersten Tübinger Kreisgemeinden: Schon seit 1992 wählen die Menschen aus Kirchentellinsfurt und Kusterdingen im Wahlkreis Reutlingen.
All das wurde rechnerisch notwendig, weil die Landesverwaltung sich bemüht, die Wahlkreise gleich groß und unter einer bestimmten Maximalgröße zu halten. Und weil zugleich die Gemeinden bei uns im Landkreis so stark wachsen. Die Veränderungen waren also rechtlich notwendig – aber gern sieht man das nicht. Für uns als Interessensvertreter macht so etwas die Lage schwierig. Und speziell für Starzach und Hirrlingen finde ich den Wechsel zu Balingen auch ausgesprochen ungünstig: Zwei der kleinsten Tübinger Kreisgemeinden wurden verschoben in einen Wahlkreis, dem sonst nur Gemeinden aus dem Zollernalbkreis angehören.
Wir alle warten dringend auf die überfällige Reform des Landtags-Wahlrechts. Ich persönlich hoffe außerdem, dass danach auch sehr bald die ebenso dringend nötige Überarbeitung der Wahlkreis-Zuschnitte kommt. Ob aus dem Landkreis Tübingen ein einzelner Wahlkreis werden kann? Nicht sehr wahrscheinlich. Es wäre schon einiges gewonnen, wenn die Kreisgemeinden danach wieder auf nur zwei Wahlkreise verteilt wären.